3. Welche Therapieoptionen gibt es?
Für die Therapie der Psoriasis (PsO) – genauer gesagt: für ihre kutanen Manifestationen – sind zahlreiche Behandlungsoptionen verfügbar, die man zunächst in topische und systemische Therapien unterteilen kann. Weiters ist
Phototherapie verfügbar.
Die Sicherheit der Medikation spielt natürlich eine wichtige Rolle; gleichzeitig sollte aber eine Unterbehandlung vermieden werden, weil sie zu inadäquaten Ergebnissen und Unzufriedenheit des Patienten führt 2,3.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, mit dem Betroffenen ein individuelles Therapieziel zu vereinbaren und dieses auch – sobald Informationen über das Ansprechen und die Verträglichkeit der verwendeten Medikamente verfügbar sind – laufend neu zu evaluieren 4. Es ist heute durchaus realistisch, eine (nahezu) vollständige Abheilung der PsO-Läsionen mit einem gut verträglichen Therapieregime anzustreben. Ein Gremium der US-amerikanischen „National Psoriasis Foundation“ definierte ein akzeptables Ansprechen bei Plaque-Psoriasis nach drei Monaten Behandlung als: entweder weniger als 3% Körperoberfläche („Body Surface Area“ – BSA) betroffen oder 75-prozentige Besserung gegenüber der Ausgangssituation; das Zielansprechen nach sechs Monaten wäre dann ≤1% BSA 5.
Für den individuellen Patienten kann aber durchaus auch ein geringerer Grad der Besserung mit einem sanfteren Therapieansatz sinnvoll sein 4. Es ist wichtig, den Patienten über seine Krankheit zu informieren und zu kommunizieren, dass die Erkrankung heute gut behandelbar, aber nach wie vor nicht heilbar ist 4.
Der psychosoziale Aspekt der Psoriasis sollte nicht vernachlässigt
werden. Es wird empfohlen, dass der Behandler die Läsionen des
Patienten nicht mit Handschuhen, sondern mit bloßen Händen
berührt, um zu signalisieren, dass sie weder abstoßend noch
ansteckend sind 4.
Es ist bekannt, dass PsO-Patienten ein erhöhtes Risiko für Depression, Angststörungen und Suizidalität aufweisen 6. Dabei ist nicht unbedingt anzunehmen, dass Patienten mit geringer Hautbeteiligung psychisch nicht gefährdet wären 7. In manchen Fällen kann eine begleitende Psychotherapie und/oder eine psychoaktive Medikation sinnvoll sein 4.
Therapieauswahl
Die erste Entscheidung ist in der Regel, ob der Patient nur eine topische oder eine systemische bzw. Phototherapie benötigt. Systemische Therapien bedeuten jedoch nicht, dass nicht auch topische Therapeutika benötigt werden können. Eine topische Therapie kann Beschwerden lindern und unter Umständen auch die notwendigen Dosen systemischer Medikamente reduzieren 4.
Eine sehr grobe Unterteilung nach dem Schweregrad unterscheidet leichte (bzw. in der Ausdehnung begrenzte) von mittelschweren und
schweren Verlaufsformen. Dabei liegt die Grenze etwa bei 5 bis 10% betroffener BSA; allerdings müssen auch die Lokalisation, das
gleichzeitige Vorhandensein von Psoriasisarthritis und anderen Komorbiditäten berücksichtigt werden 4. Dabei kann als Faustregel gelten, dass die Fläche einer Hand samt Finger ungefähr 1% BSA entspricht 8.
Leichte und begrenzte Manifestationen können oft mit topischer Therapie allein behandelt werden, während mittelschwere und schwere Formen meist systemische und/oder Phototherapie benötigen 4.
1. Topische Therapien
Das wahrscheinlich größte Problem bei topischen Therapien ist die Aufrechterhaltung der Adhärenz, wie auch Studien zeigten 9. Zu den Topika zählen:
- 1. Pflegesalben
- 2. Kortikosteroide
- 3. Vitamin-D-Analoga
- 4. Teer
- 5. Tazaroten
- 6. Calcineurininhibitoren und Anthralin 4.
Pflegesalben halten die Haut weich und feucht und können dazu beitragen, Hautirritation und Juckreiz gering zu halten 4.
Kortikosteroide sind nach wie vor wichtige topische Medikamente bei PsO (wie auch bei vielen anderen Hauterkrankungen). Wichtig ist
die richtige Auswahl von Stärke und Konzentration des Kortikosteroids, was u.a. vom Läsionsort abhängt. Weiters sollten topische
Kortikosteroide nur so lang verwendet werden wie der Patient dicke, aktive Läsionen aufweist. Wenn eine Besserung eintritt, sollte die
Applikationsfrequenz reduziert werden. Nach Abheilung der Läsionen sollte kein Kortikosteroid mehr appliziert werden, was die Gefahr
einer Hautatrophie minimiert 4.
Eine neuere Applikation ist Betamethason als Sprühschaum (hier sind auch Kombinationspräparate mit einem Vitamin-D-Analogon erhältlich), der die Anwendung erleichtert 4. Vitamin-D-Analoga wirken zwar auch in Monotherapie, aber besser in Kombination mit Kortikosteroiden (die auch besser wirkt als Steroid-Monotherapie) 10.
Teerpräparate sind schon lang in Verwendung. Sie weisen antientzündliche und antiproliferative Eigenschaften auf 11.
Tazaroten ist ein topisches Retinoid, das wirksam ist, aber auch ein irritatives Potenzial aufweist. Auch hier kann eine Kombination mit einem Kortikosteroid sinnvoll sein 12.
Topische Calcineurininhibitoren werden vor allem in empfindlichen Arealen wie dem Gesicht oder den Intertrigofalten verwendet 13, 14. Anthralin ist schon seit dem frühen 20. Jahrhundert in Verwendung. Sein Irritationspotenzial kann den Gebrauch limitieren 4.
2. Phototherapie
UV-Licht hat eine günstige Wirkung auf psoriatische Läsionen. Das dürfte einerseits an einem antiproliferativen (durch Verlangsamung der
Verhornung), andererseits an einem antientzündlichen Effekt (Induktion der Apoptose pathogener T-Zellen in PsO-Plaques) liegen 4.
Bei der Auswahl einer Phototherapie muss natürlich die Sicherheit
hinsichtlich UV-Schädigung der Haut berücksichtigt werden 4.
Konventionellerweise wird entweder Schmalband-UVB (311nm) oder Breitband-UVB (290–320nm) oder PUVA (Psoralen plus UVA mit
320–400nm) verwendet 4. Diese Therapien werden üblicherweise dreimal wöchentlich verwendet. Bei Eintreten eines
zufriedenstellenden Ansprechens kann die Frequenz dann so weit reduziert werden, dass der Behandlungserfolg erhalten bleibt.
Oft wird Schmalband-UVB-Behandlung gegenüber PUVA bevorzugt, weil sie kein Psoralen erfordert. Die Vergleichsstudien haben
inkonsistente Resultate ergeben; PUVA scheint jedoch etwas schneller und nachhaltiger zu wirken 15. Allerdings sollten Patienten, die
lange Zyklen von PUVA erhalten haben, hinsichtlich des Auftretens maligner Hauterkrankungen monitiert werden. Bei Patienten, die
maligne Melanome oder andere maligne Hauttumoren in der Anamnese haben, ist Phototherapie kontraindiziert 4.
Der Excimer-Laser strahlt UVB-Licht mit einer Wellenlänge von 308nm aus und kann für umschriebene PsO-Läsionen verwendet werden.
Unkontrollierte Studien deuten auf ein im Vergleich zu konventioneller Phototherapie schnelleres Ansprechen hin. In den behandelten
Arealen entsteht allerdings häufig eine Hyperpigmentierung, die manche Patienten stört 4.
Auch das Baden in Meerwasser wurde als Therapie gegen Psoriasis verwendet. Da es hier auch zu UV-Exposition kommt, spricht man von
Balneophototherapie. Diese scheint wirksamer zu sein als Bäder mit Leitungswasser und anschließender UVB-Therapie 16. Hier sind
jedoch noch weitere Studien erforderlich.
3. Systemische Therapien
Hier sind zwei (heterogene) Gruppen von Medikamenten zu unterscheiden:
- 1.Immunsuppressive und immunmodulatorische Substanzen,
- 2.Biologika, die aufgrund ihres Wirkmechanismus in verschiedene Gruppen unterteilt werden 4.
Immunmodulatoren und Immunsuppressiva: Methotrexat wird seit 50 Jahren verwendet und wirkt immunsuppressiv bei PsO. Allerdings weist es eine Vielzahl von Kontraindikationen auf – besonders auf die Hepatotoxizität ist zu achten
17. Systemische Retinoide werden besonders bei schweren Formen der PsO, einschließlich pustulärer und erythrodermischer Manifestationen, eingesetzt. Zumeist wird Acitretin verwendet
4. Auch das Immunsuppressivum Cyclosporin wird bei schwerer PsO verwendet. Auch hier limitiert das Nebenwirkungspotenzial (z.B. Nephrotoxizität) den Einsatz
4. Der PDE4-Hemmer Apremilast ist ein small molecule, dem
hier ein eigener Artikel gewidmet ist. Andere Immunsuppressiva, die bei PsO verwendet werden, sind Hydroxyurea, 6-Thioguanin, Azathioprin und
Tacrolimus, weiters auch Fumarsäureester.
Biologika: Von den fünf verfügbaren TNFα-Blockern sind vier (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Infliximab) auch für die Plaque-Psoriasis zugelassen. Der fünfte Vertreter dieser Gruppe, Golimumab, besitzt hingegen nur die Zulassung für die Behandlung der Psoriasisarthritis, nicht aber der Plaque-Psoriasis. Die Wirksamkeit der TNFα-Blocker bei PsO ist gut. Allerdings besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko 4.
Inhibitoren des Zytokins IL-17, die bei PsO verwendet werden, sind Secukinumab, Ixekizumab und Brodalumab 4. Hemmstoffe von IL-23 und verwandten Zytokinen sind Ustekinumab, Guselkumab, Tildrakizumab und Risankizumab 4.
Zu all diesen Biologika liegen umfangreiche Studienprogramme vor, deren Ergebnisse jedoch den Rahmen dieses Überblicks sprengen würden.
4. Neue Therapien in Entwicklung
- Ein neuer oraler Calcineurininhibitor, ISA 247, wirkt gegen Plaque-Psoriasis und dürfte weniger Nebenwirkungen aufweisen als Cyclosporin 18.
- Ein neuer IL-17-Blocker, Bimekizumab, wurde in Phase 3 erprobt und scheint wirkungsvoller zu sein als Ustekinumab 4.
- Auch neue small molecules, vor allem Januskinasehemmer wie Tofacitinib oder Baricitinib sowie neuere Substanzen aus dieser Klasse werden ebenfalls untersucht 4.
- Auch ein neuer Modulator des Sphingosin-1-Phosphatrezeptors, Ponesimod, schien in einer Phase-2-Studie gegen PsO wirksam zu sein.
- Zu einem weiteren PDE4-Hemmer, Crisaborol, gibt es bisher nur Fallberichte 4.
Dr. med. univ. Norbert Hasenöhrl
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AUT-407-1122-80007